„Trampolin“ Kinder entdecken ihre Stärken
Anja Schubert
„Trampolin“ Kinder entdecken ihre Stärken
Lübbecke. Hilfs- und Unterstützungsangebote für Menschen mit einer psychischen- oder Suchterkrankung sind vielfältig und umfassend. Doch was ist eigentlich mit ihren Kindern die tagtäglich mit diesen belastenden Familiensituationen leben und diese bewältigen müssen? „Hier ist das Angebot noch immer rar gesät“, weiß Andre Vahrenkamp von der Diakonie des Kirchenkreises Lübbecke. Seitens der flexiblen Erziehungshilfe möchten er und sein Team Kindern betroffener Eltern mehr in den Fokus rücken.
Am 28. Januar 2019 startet für 8 bis 12-jährige daher erstmalig ein neues Angebot. „Trampolin“ nennt sich das vom Bundesministerium geförderte Präventionsprogramm, das sich sowohl an Kinder von psychisch erkrankten als auch suchterkrankten Eltern wendet. Bundesweit bereits vielfach erprobt, möchte die flexible Erziehungshilfe der Diakonie nun diese Unterstützung für betroffene Kinder anbieten. Denn Kinder, die mit mindestens einem Elternteil leben, der unter einer psychischen- und / oder Suchterkrankung leidet, sind vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Als Präventionsprogramm anerkannt, können hierfür Leistungen der Krankenkassen in Anspruch genommen werden.
In den verschiedensten Einrichtungen und Institutionen wurde bereits auf dieses Projekt aufmerksam gemacht. Doch auch Eltern, die bisher ihre psychischen Probleme bzw. Suchtprobleme aus Scham oder Hilflosigkeit mit sich selbst ausgemacht haben, sollten sich nicht scheuen, dieses Angebot zum Wohl ihrer Kinder in Anspruch zu nehmen. „Diskretion und Vertraulichkeit sind bei diesem Projekt oberstes Gebot. Alles, was in den Kindergruppen und Elterngesprächen besprochen wird, bleibt auch dort und dringt nicht nach außen“, ermutigt Hildegard Vonhören-Niemeier, die mit ihrer Kollegin Jana Kühn den Kursus leitet. Mit den Eltern findet ein vertrauliches Vor- und Nachgespräch statt.
An neun Nachmittagen, jeweils montags von 16 bis 17.30 Uhr, kommen die Mädchen und Jungen im Alter von acht bis zwölf Jahren im Thomas-Gemeindehaus an der Alsweder Straße 38 in Lübbecke mit den ausgebildeten Kursleiterinnen zusammen. „Allein der Austausch unter Gleichgesinnten bringt oft schon eine gewisse Erleichterung und Stärkung“, weiß Vahrenkamp. Gemeinsam werden Themen wie die Wirkung von Alkohol und Drogen sowie der Umgang mit schwierigen Familiensituationen altersgerecht spielerisch und mit Kreativelementen bearbeitet. Durch die Teilnahme am Kurs bekommen die Kinder nicht nur die Möglichkeit, ihre Stärken zu entdecken und ein neues Selbstbewusstsein zu entwickeln. „Sie lernen in dem Kursus mit schwierigen Situationen besser Und, dass es nicht an ihnen liegt, dass die Eltern diese besonderen Probleme haben. Ziel ist es, dass sie trotz der häuslichen Situation der Zukunft mit zuversichtlichem Blick entgegensehen“, betont Vonhören-Niemeier. „Auch Anlaufstellen, bei denen Kinder Hilfe und Unterstützung finden, bleiben natürlich nicht außen vor.“
„Bei diesem Projekt geht es zudem darum, psychische und Suchterkrankungen aus der Tabuzone zu holen. Es konzentriert sich nicht auf die Frage nach Schuld, sondern versucht aufzuklären und Hilfestellung für den Umgang mit der Situation zu finden“, betont Andre Vahrenkamp. „Denn damit haben die Betroffenen, Erkrankte wie Kinder und Partner gleichermaßen genug zu tun. In der Gruppe Gleichaltriger lernen die Kinder, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind und ihre häusliche Situation kein Einzelfall ist.“
Nach Beendigung des Kurs besteht für Eltern und Kinder die Möglichkeit, einmal monatlich an einem Familien-Café teilzunehmen. Anmeldungen nimmt Andre Vahrenkamp, Leiter der Flexiblen Erziehungshilfe, unter Telefon 05741/9559 oder per email unter Andre.Vahrenkamp@diediakonie.de entgegen.
Förderer willkommen:
Lübbecke:„Helfen, zu helfen“ – Unter diesem Motto freut sich die Diakonie über jegliche finanzielle Unterstützung, um diese Besorgnis erregende Lücke im Präventionsangebot schließen zu können. „Es wäre schön, wenn uns Firmen oder Stiftungen mit Spenden unter die Arme greifen würden, denn das Projekt ist langfristig und auf Nachhaltigkeit ausgerichtet“, hofft Andre Vahrenkamp, der potentiellen Förderern gern für weitere umfassendere Informationen als Ansprechpartner zur Verfügung steht.
Hintergrund:
Rund 2,65 Millionen Kinder und Jugendliche leben in Deutschland zeitweise oder dauerhaft mit mindestens einem Elterteil zusammen, welches an einer psychischen Erkrankung leidet oder Probleme mit Alkohol oder Drogen hat. Da viele Kinder denken, dass sie mit diesem Problem alleine sind, wurde das Gruppenangebot „Trampolin“ entwickelt, das sich an 8- bis 12-jährige Kinder richtet. Mit dem Projekt wurde eine gravierende Lücke in der deutschen Präventionslandschaft geschlossen. Durch „Trampolin erfahren die Kinder, dass andere Kinder ähnliche Erfahrungen gemacht haben und es nicht an ihnen liegt, wenn die Eltern Probleme haben.